Musikkabarett. Von Uli Kreikebaum – KStA 12.10.2019„Wir dürfen niemals vergessen: Unsere vornehmste Aufgabe ist es zu leben“, erkannte der Philosoph Michel de Montaigne schon vor 500 Jahren. Eine Studie des Instituts Rheingold Salon kam jüngst zu dem Ergebnis, dass die Deutschen genau das verlernt haben. Zwar mache Genuss das Leben erst lebenswert, sagen fast alle – doch knapp die Hälfte der Menschen hat das Gefühl, dass das nur noch selten gelingt. Die den Genuss verloren haben, könnten Nachhilfe bei Annette Meisl nehmen: Die Kölner Sängerin und Autorin, die in Ehrenfeld eine Zigarrenmanufaktur und einen Salon betreibt, nennt sich selbst „Edel- oder Lebefrau“ („La Galana“ – so heißt auch ihre Zigarrenmanufaktur). 

Als sie vor sieben Jahren ein Buch über ihr Leben mit fünf Liebhabern schrieb („Das Sexperiment“) horchten manche der nicht mehr Genussfähigen auf. Am Dienstagabend hat Annette Meisl im Friedrich-Ebert-Saal in Bickendorf ihr Leben als Musikkabarett auf die Bühne gebracht: Begleitet von dem Multiinstrumentalisten und Produzenten Geo Schaller tritt sie in „Carmen 5.0“ als Alter Ego der wohl bekanntesten Lebefrau der Kulturgeschichte auf – ein Vollweib, das sich die Männer nimmt, die sie möchte, und sich eher wundert als lustig macht über die von der Monogamie Gestressten. Dabei bindet sie das Publikum mit ein, darf aber bei der Frage danach, wer auf Dating-Plattformen angemeldet ist, im Bett dominant ist oder auf Sado-Maso-Spiele steht, nicht auf allzu rege Mitmachlust hoffen.

Premierenfotos

Fotos: © Dario Scandura